| Donnerstag 1993 | Samstag 2023 | |
| In Physik hatten wir weiter Impulse. In Französisch lernten wir die Frage nach dem Alter und die Verneinung. Außerdem wurden Unterschriften gesammelt, damit man die Elektrotechnik Arbeit verschiebt. Sie wurde verschoben. In der Mittagspause kauften wir Müllermilch und eine Dose Knackwürste und noch ein paar Wecken. Hans wollte die vier Stunden Fertigungstechnik unbedingt NICHT schwänzen. Dafür wollten wir ihn seelisch fertig machen. Das klappte nicht. Wir sagten „Groß- und Breitmaulfroschömme“ zu ihm. In Großheim kaufte ich noch Schuhe für Sonntag und sah Margarete R. Ich kam nach Hause, machte noch ein bisschen meine Schlagzeugübungen, durfte nicht duschen, obwohl meine Haare ekelerregend waren. Um 8 Uhr sollte Musikprobe sein. Sie fiel aber aus, weil zu wenig kamen. Ich ging nach Hause und machte die Tischkärtchen für Sonntag. Um 11 Uhr ging ich ins Bett. | Die ersten vierzig Jahre meines Lebens dachte ich, ich müsste mir ein Leben aufbauen, und meine Bemühungen waren nie genug, denn es sollte ein großartiges Leben sein, ich konnte mich nicht entscheiden, in welchem Bereich es großartig sein sollte und Stück für Stück erkannte ich, in welchen Bereichen es nicht großartig ist und auch nie sein würde, und vor 18 Monaten bin ich endgültig gescheitert. Seitdem läuft alles vor sich hin, es gibt keinen Stress und ich habe das Gefühl verloren, dass ich unbedingt viel machen muss, um mein Leben in eine bestimmte Richtung zu entwickeln, ich bin ja schon irgendwo und ich könnte auch hier bleiben. Vielleicht bin ich angekommen. Ich bin manchmal unzufrieden damit, man misst sein eigenes Leben immer an den eigenen Erwartungen und es ist schwer, seine Erwartungen an den Status Quo anzupassen. Liebes Leben, ich gebe mich dir hin, ich wehre mich nicht mehr, du hast gewonnen, es ist okay, ich werde es schaffen, meine Vorstellungen von „großartig“ an dich anzupassen. Wenn ich das schaffe, lebe ich für den Rest meines Lebens ein großartiges Leben. |
29. April 1993
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