Mittwoch 1993 | Freitag 2023 | |
Ich verschlief, meine Mutter weckte mich um 7:04 Uhr. Franz nahm mich mit nach Großheim. Mit dem 7:25 Uhr Bus kam ich eine Viertelstunde zu spät zur Englischarbeit. Sie lief gut. In der Pause erfuhr ich, dass zwei von der Kochlöffelkompanie (EG) etwas von mir(!!!) wollen. Mein Selbstvertrauen stieg um 300%. In Sport übten wir Hockey. Ich schwitzte ohne Ende und stinke jetzt. Deutsch und Mathe brachten wir auch noch hinter uns. Björns Nazifreundin saß bei uns im Unterricht. In Großheim rief ich Marc an. Er sagt, Marlene sei schon zuhause, also fiel’s aus. Zuhause aß ich etwas. Dann las ich etwas. Dann machte ich eine Lampe in mein Zimmer. Dann übte ich Doubles. Dann rief ich Marc an (Training), trank Kaffee, hörte Musik, sprach mit meiner Mutter übers Bäumchen setzen, hätte Elektrotechnik lernen sollen und ging dann ins Bett. Es ist 20:58 Uhr. Gute Nacht. | Das Dorf liegt in der Vergangenheit. Es liegt im Land des ersten Kusses, der ersten Erfahrungen eines weiblichen Körpers. Es liegt auch im Land der Traditionen und des Eingebundenseins in Familie und der Abfolge von Generationen. Dem Gefühl, dass jeder als das Zahnrad glücklich sein kann, dessen Platz er im Gefüge des Dorfes einnimmt. Wenn nicht glücklich, so zumindest existenziell bestimmt. Man findet darin Trost und Geborgenheit. Die Stadt ist wurzellos. Jeder Stadtbewohner ist eine Insel. Man tanzt für sich alleine. Nimmt die anderen Menschen wahr, wie die Häuser, deren Bewohner man nicht kennt. Man tanzt in seltsamen und exotischen Bewegungen in die Zukunft. Die Gestaltung dieser Zukunft und die Bewertung sind offen und frei. Hier gedeiht die Gegenwart im Streben nach Träumen. Die ganze Stadt tanzt im Takt der Veränderung. Im Rhythmus der dauernden Baustelle. Die Vergangenheit umschließt das Dorf wie eine alte Truhe, die die Traditionen bewahrt. Die Zeit fließt nicht mehr, während die Stadt nur nach vorne blickt. Dorf und Stadt, Kontraste in dem wandelnden Gewebe meines Lebens. Die tiefreichenden Wurzeln und die hohen Äste, die sich der Sonne entgegenstrecken. |
5. Mai 1993
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