28. Oktober

Donnerstag 1993   Montag 2013
In Wirtschaftslehre haben wir ein neues Thema, das mir überhaupt nicht gefällt. Der Mathetest lief eigentlich gut. Aber er sagte uns gleich die richtigen Ergebnisse (scheiße). Ich habe 4 von 12 richtig. Ich räumte den ganzen Nachmittag den Proberaum auf und aus. Ich sollte noch vier Kästen Fürstenberg vom Schnallenbebbel[1] holen, aber Roeckel hatte keine Zeit zum Helfen (wie er versprochen hatte) und tragen wollte ich sie auch nicht. Um 3 Uhr rief ich Gabriele an und redete eine Stunde mit ihr. Dann musste ICH zu ihr sagen, dass ich keine Zeit mehr hätte. Marc schnauzte mich an, weil ich die Kästen nicht geholt hatte und sein Schlagzeug noch im Proberaum stand. Joachim[2] fuhr mit uns zum Schnallenbebbel. Um 8 Uhr kamen die ersten zwei. Um 10 kamen Tischbein und Hans und brachten die restlichen Getränke, eine Flasche Rotwein wurde sofort zerstört und man musste putzen.
Wir hatten 30 Leute eingeladen und es kamen 8. Es war ein Scheißfest. Nur eine Stunde lang sangen alle mit und fanden’s witzig. Marc ging um 3. Ich sprach mit Marcs Freundin Ingrid über Weiber und Gabriele. Sie überzeugte mich, dass Gabriele nichts für mich ist. Zum Schluss waren noch 5 Leute da. Hans, Tischbein und zwei aus Marcs Klasse. Einer davon kotzte die ganze Zeit. Um halb 5 gingen alle heim.
  Lou Reed ist ebenso tot wie Camus, und dieser dachte, dass die Welt im Norden aufgrund des schlechten Wetters kaum lebenswert sein kann, die Sonne scheint in der Pest[3] und es ist absolut nicht absurd, eben weil die Sonne scheint und damit ist auch schon wieder alles gut, die Sonne scheint und das ist die Antwort auf alle komplizierten und unnützen Fragen, die man sich über den Sinn des Lebens und den Kontakt zum normalen Leben, den man nicht verlieren will, stellen kann. Das normale Leben, dass es zu geben scheint und das doch in jedem Kopf ein bisschen anders aussieht. Auch wenn es in fast jedem Kopf richtig erscheint, sich um seine Rente zu kümmern, und den eigenen Kindern die Ideale einer bürgerlichen Existenz vorzuleben, im Großen und Ganzen ist es so, auf die Welt kommen, zur Schule gehen, eine Ausbildung machen oder studieren, nebenher Familie und Freunde finden, vielleicht noch ein oder zwei Hobbys pflegen, Kinder und Haus und Rente finanzieren durch mindestens 8 Stunden Arbeit pro Tag und in der Rente versuchen das Leben zu genießen und dann ist irgendwann der Film auch zu Ende und man stirbt und sieht zurück und sieht, dass man es richtig gemacht hat, dass man das Programm erfüllt hat. Alles richtig, solange die Sonne scheint. Vor zwanzig Jahren dachte ich noch, ich würde das auch so machen.


[1] Örtlicher Gemischtwarenladen

[2] Marcs älterer Bruder

[3] Die Pest, Albert Camus, 1947

Eine Antwort

  1. Ich dachte vor 20 Jahren, dass ich es genau nicht so mache! Es ist halt die Sache mit Nachbars Garten… Aber wir sind ja noch lange nicht am Ende dieser Geschichte… In 20 Jahren kann alles anders sein, ich wieder Weltenbummlerin und du wechselst Windeln.

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